Abenteuerdiskurse zwischen Kolonialismus und Nationalsozialismus
"Ziel des Teilprojekts ist die Rekonstruktion literarischer und nicht-literarischer Abenteuerdiskurse im Deutschen Reich in der Zeit zwischen ca. 1884 (dem Eintritt Deutschlands in die europäische Kolonialpolitik) und der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. Dabei steht die Ideologisierung des Abenteuers als Erlebniskategorie im Mittelpunkt des Interesses, und zwar im Hinblick auf deren Umsetzung in und Formung durch populäre Narrative. Das Projekt hat zwei Fokusbereiche: Im ersten geht es um die Renaissance des Abenteuernarrativs im deutschen Kolonialroman, insbesondere um die gleichermaßen von Anziehung und Ablehnung gekennzeichnete Instrumentalisierung des Abenteuers als Mittel zur Narrativierung kolonialer Plots unter Rückbezug auf gesellschaftliche und politische Diskurse. Im zweiten geht es mit Karl May und Ernst Jünger um die beiden Autoren, die das deutsche Kolonialnarrativ einerseits maßgeblich beeinflusst (May), andererseits prominent beerbt haben (Jünger). Ins Auge gefasst ist damit der von Hannah Arendt unter dem Namen der „imperialen Legende“ 1955 erstmals geltend gemachte Zusammenhang von Kolonialismus und Nationalsozialismus. Die Leitfrage des Projekts ist, ob sich ein solcher Zusammenhang auch literaturgeschichtlich abbilden lässt, ob und wie weit der Weg ‚von Sitara zu den Marmorklippen‘ (Günter Scholdt) mit dem ‚Von Windhuk an die Ostfront‘ (Jürgen Zimmerer) konvergiert. Zur Beantwortung dieser Frage soll (1) textintern eine vergleichende Chronotopik (Bachtin) des Abenteuers in den untersuchten Texten erarbeitet werden. Dazu gehört auch der Rückbezug auf und Abgleich mit vormoderne(n) Abenteuernarrative(n). Gleichzeitig steht (2) mit der Rahmung des Projekts durch imperiale und totalitäre Herrschaftsentwürfe neben diachronen, literaturgeschichtlichen Erbschaften auch die synchrone Einbettung der Narrative in ein (geo)politisches Imaginäres zur Diskussion, das sich im Untersuchungszeitraum zunehmend aus planetarischen Großraumphantasien speist."
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Forschung & Kommunikation
- Abenteuerdiskurse zwischen Kolonialismus und Nationalsozialismus 2: Transformationen des Abenteuers im Bürgerlichen Realismus
- Dem Abenteuer entgegen (2). Transformationen des Abenteuers in Romanen, Novellen und Dramen der klassischen Moderne (Mann, Musil, Hofmannsthal, Schnitzler)
- Dem Abenteuer entgegen. Transformationen des Abenteuers in Bildungsroman und Novelle (Goethe, Keller, Thomas Mann, Musil)
- FOR 2568: Philologie des Abenteuers
- Transzendenz als Steigerungsform und Spannungspol des Abenteuerlichen: Gralsnarrative, Anderweltszenarien und Orienträume in mittelalterlichen Erzähltexten