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  1. Heiterkeit und Überlebenswille : von Nietzsche zu Jünger
    Erschienen: 16.12.2016

    In einem 1936 geschriebenen Beitrag, der in dem Band 'Ausdruckswelt' (1949) erschienen ist, bezeichnet Gottfried Benn die letzte Zeile aus Rilkes 'Requiem' als einen "Vers, den meine Generation nie vergessen wird". Das Gedicht, 1908 entstanden und... mehr

     

    In einem 1936 geschriebenen Beitrag, der in dem Band 'Ausdruckswelt' (1949) erschienen ist, bezeichnet Gottfried Benn die letzte Zeile aus Rilkes 'Requiem' als einen "Vers, den meine Generation nie vergessen wird". Das Gedicht, 1908 entstanden und ein Jahr später gedruckt, schließt mit den Worten: "Wer spricht von Siegen -, Überstehn ist alles!" Der Vers ist durch Benn zum geflügelten Wort geworden. Vorausgegangen waren allerdings zwei Weltkriege mit Millionen von Toten und Verwüstungen großer Teile Europas. Dennoch ist in Benns Bekenntnis von Trauer oder Demut nichts zu spüren. Vielmehr verweist es auf einen Gedanken von Nietzsche, in dessen Schriften das Überleben als Leistung des willensstarken Individuums aufgefasst wird. "Ein wohlgerathner Mensch", so Nietzsche in seiner 1889 verfassten Autobiografie 'Ecce homo', "erräth Heilmittel gegen Schädigungen, er nützt schlimme Zufälle zu seinem Vortheil aus; was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker". Die Feststellung ist Teil von Nietzsches Idee eines 'Willens zur Macht', die den Willen zum Leben einschließt. Sie hat neben der physischen und psychischen eine intellektuelle Seite, die man als glückliche Verabschiedung der Vergangenheit bezeichnen kann. Schon Marx hat den Gedanken in der Einleitung seiner 'Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie' (1843/44) mit Blick auf die griechische Literaturgeschichte formuliert. An konkrete Erfahrung gebunden wird er in Elias Canettis Studie 'Masse und Macht' (1960). "Dieses Gefühl der Erhabenheit über die Toten", so heißt es hier, "kennt jeder, der in Kriegen war. Es mag durch Trauer um Kameraden verdeckt sein; aber dieser sind wenige, der Toten immer viele. [...] Wem dieses Überleben oft gelingt, der ist ein 'Held'. Er ist stärker. Er hat mehr Leben in sich. Die höheren Mächte sind ihm gewogen." Ernst Jünger hat das glückliche Überleben von Kriegen im Sinne Nietzsches immer wieder zum Thema seiner Tagebücher gemacht. Während Benn die nihilistische Dimension in den Mittelpunkt stellte, wie sein Rückblick 'Nietzsche nach 50 Jahren' (1950) deutlich werden lässt, nahm Jünger die optimistischen Impulse des Werkes auf. Dabei hat er, vor allem in seinen späteren Schriften, die Idee des Überlebens vom Ausnahmezustand auf den Alltag und zugleich auf die Zukunft übertragen. Wie Nietzsche wollte Jünger nicht nur glücklich in der Zeit überleben, sondern plante auch ein immaterielles Fortleben im Gedächtnis der Nachwelt. Voraussetzung dieser doppelten Überlebensidee ist ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft.

     

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  2. Korrespondenz und Nachleben : Ernst Jüngers Briefarchiv
    Erschienen: 21.03.2019

    Das Schreiben und Sammeln von Briefen begleitete Ernst Jünger ein Leben lang, es war Teil seiner Autorschaft. Bald nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann er mit der alphabetischen Neuordnung der Briefe, die er seit dem Ersten Weltkrieg bekommen... mehr

     

    Das Schreiben und Sammeln von Briefen begleitete Ernst Jünger ein Leben lang, es war Teil seiner Autorschaft. Bald nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann er mit der alphabetischen Neuordnung der Briefe, die er seit dem Ersten Weltkrieg bekommen hatte, wie aus Jahre der Okkupation (1958), dem dritten Teil der Tagebücher zum Zweiten Weltkrieg hervorgeht. Jünger nutzte dort Hinweise auf die Brief-Sammlung, um am Beispiel seiner Korrespondenzpartner seine Distanz zu den nationalsozialistischen Machthabern zu betonen. Doch blieb es nicht bei Verweisen auf das Briefarchiv, die es auch in vorausgehenden Tagebüchern gibt. 1948 plante Jünger darüber hinaus die Publikation ausgewählter Schreiben aus einem Archivbestand. Davon zeugt ein maschinenschriftliches Konvolut für die Zeit von 1928 bis 1945 mit dem Titel Brief-Journal, das im Nachlass erhalten blieb, während von einem Weiteren der Jahre 1918 bis 1923 nur das Titelblatt existiert. Über das Motiv gibt ein Schreiben an Gerhard Nebel vom 15. August 1948 Auskunft. Während dieser die Auffassung vertrat, dass Korrespondenzen "erst erscheinen" dürften, "wenn wenigstens ein Briefpartner gestorben" sei, begründet Jünger sein Publikationsvorhaben mit der Unsicherheit der Nachlassbetreuung: "So ist es höchst fragwürdig geworden, ob Freundeshand jemals unseren Nachlaß ordnen, ja ob von einem solchen Nachlaß überhaupt die Rede sein kann. Insofern befinden sich alle Aufzeichnungen in ständiger Gefahr. Der Druck stellt demgegenüber eine Sicherung dar." Autoren müssten "als eigene Erbschaftsverwalter« auftreten, wenn sie »eine posthume Existenz" führen wollten. Man habe schließlich "Weltuntergänge" erlebt. Jünger verbindet also die Archivierung und Publikation von Briefen mit der Hoffnung auf Präsenz bei den Nachgeborenen.

     

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    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); bookPart
    Format: Online
    ISBN: 978-3-86599-334-2
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800)
    Sammlung: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
    Schlagworte: Jünger, Ernst; Briefsammlung; Das Haus der Briefe; Archiv
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  3. Désinvolture

    Das Wort 'Désinvolture' hat Ernst Jünger erstmals mit gedanklicher und historischer Substanz gefüllt: Er hat aus dem in Deutschland kaum bekannten Fremdwort einen Begriff mit sozialanthropologischer Ausrichtung gemacht, um eine Haltung zu... mehr

     

    Das Wort 'Désinvolture' hat Ernst Jünger erstmals mit gedanklicher und historischer Substanz gefüllt: Er hat aus dem in Deutschland kaum bekannten Fremdwort einen Begriff mit sozialanthropologischer Ausrichtung gemacht, um eine Haltung zu kennzeichnen, für die er offenbar kein angemessenes deutsches Wort finden konnte. Sonst hielt er sich mit der Verwendung von Fremdwörtern sehr zurück. Obwohl er die französische Variante wählte, hat das Wort eine Entsprechung im Italienischen, die er in einer seiner Explikationen erwähnt ('Desinvoltura'), und eine im Spanischen, die er in einer weiteren durch ein Bacon-Zitat mitteilt ('Desenvoltura'). Der Schwerpunkt liegt also in der Romania, in der die Haltung, auf die Jünger hinauswill, offensichtlich stärker ausgeprägt war als in anderen Sprachräumen.

     

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    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); bookPart
    Format: Online
    ISBN: 978-3-86599-373-1
    DDC Klassifikation: Germanische Sprachen; Deutsch (430); Romanische Sprachen; Französisch (440); Literatur und Rhetorik (800)
    Sammlung: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
    Schlagworte: Jünger, Ernst; Begriff
    Lizenz:

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