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  1. Das Geheimnis der Mischung : Grillparzers "Jüdin von Toledo"
    Autor*in: Geulen, Eva
    Erschienen: 04.10.2016

    Was den Tragödien zwischen Lessing und Hebbel an Tragik fehlen mag, muß der tragische Verlauf der (Literatur-)Geschichte wettmachen. Als Nietzsche im Jahr der Veröffentlichung von Grillparzers "Jüdin von Toledo" mit seiner "Geburt der Tragödie" den... mehr

     

    Was den Tragödien zwischen Lessing und Hebbel an Tragik fehlen mag, muß der tragische Verlauf der (Literatur-)Geschichte wettmachen. Als Nietzsche im Jahr der Veröffentlichung von Grillparzers "Jüdin von Toledo" mit seiner "Geburt der Tragödie" den literarischen Gattungsbegriff um das Phänomen 'tragischer Erkenntnis' erweiterte, stellte er jenen frei flottierenden Tragikbegriff zur Verfügung, der seitdem sein Unwesen bis zu Benno von Wiese getrieben hat. Dessen Buch zur deutschen Tragödie entstand im historischpolitischen Umfeld jener Jahre, die vor allem unmittelbar nach 1945 und gelegentlich auch heute noch als 'deutsche Tragödie' euphemistisch umschrieben werden. Die in beiden Fällen fatalen Implikationen der notorischen Vermischung von literarischen Begriffen bzw. literarischen Verfahren mit politischen Semantiken oder historischen Verläufen ist Grund genug, zunächst einmal auf ihrem Unterschied zu beharren, auch und gerade im Falle von Tragödien - so es denn solche gibt. Aber auch wer im Vertrauen darauf, daß gegangene Wege der Nietzsche-Rezeption tragischer Konsequenz entbehren, Askese üben und der Differenz zwischen literarischen und historischen Verläufen Rechnung tragen möchte, wird an der lange vor Nietzsches Tragödienbuch, nämlich schon um 1848 verfaßten, aber erst 1872 kurz nach Grillparzers Tod veröffentlichten "Jüdin von Toledo" scheitern. Zu kraß ist dieses Stück, als daß man ästhetische Strukturen und politische Implikate hier sauber trennen könnte. Genauso unmöglich ist es aber, ihren Zusammenhang im Zeichen der Tragik zu stiften.

     

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    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); bookPart
    Format: Online
    ISBN: 3-89528-547-1
    DDC Klassifikation: Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Schlagworte: Tragödie; Grillparzer, Franz; Die Jüdin von Toledo
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  2. Leid-Kultur vs. Mimesis bei Adorno
    Autor*in: Geulen, Eva
    Erschienen: 05.10.2016

    Wem es an eigener Erfahrung oder Anschauung mangelt, der kann sich u.a. von Theweleit darüber belehren lassen, dass beim Fußball viel gelitten wird. Auch der Fan ist alles andere als ein 'standhafter Zuschauer ästhetischer Leiden', denn er leidet... mehr

     

    Wem es an eigener Erfahrung oder Anschauung mangelt, der kann sich u.a. von Theweleit darüber belehren lassen, dass beim Fußball viel gelitten wird. Auch der Fan ist alles andere als ein 'standhafter Zuschauer ästhetischer Leiden', denn er leidet wahrhaftig und sozusagen leibhaft mit. Darin ist und bleibt, mit Verlaub, auch der moderne Fußball ein so archaisches Phänomen wie, sagen wir, die sophokleische Tragödie, in der auch viel gelitten wird und die auch keine Zuschauer, sondern ausschließlich Ritualteilnehmer kennt. Mit dem Leidensbegriff, den die moderne Kultur ausgebildet hat, hat der Fußball nichts zu tun, eher schon fungiert er als Gegengift für Kulturleidende. Man kann sich kaum vorstellen, dass Adorno von diesem Mittel Gebrauch gemacht haben sollte. O-Ton Youtube: "[M]an muß […] daran erinnern, daß die Menschen, die also auf dem Sportfeld zuschauen und zwar in allen Ländern […], gegen die Fremdgruppe, also gegen das ausländische Team, sich in einer Weise benehmen, die den einfachsten Anforderungen der Gastfreundschaft [...] aufs Krasseste widerspricht." Nun ja; Adorno war eben Theoretiker von "Gruppenverhalten" und als Fußball-Fan ist er so schwer vorstellbar wie als Spieler. Oder doch? Gibt es vielleicht auch bei ihm Rudimente eines Fan-Begehrens, die nicht in der Analyse von Gruppenverhalten aufgehen und theorieimmanente Selbst-Widerstände artikulieren? Dagegen spricht vorläufig die übermächtige Tradition des Leidens an der Kultur, der Adorno ganz ohne Zweifel verhaftet ist, eben weil er ihr Fan nicht sein konnte oder wollte.

     

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    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); bookPart
    Format: Online
    ISBN: 978-3-8498-1003-0
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800)
    Schlagworte: Kunst; Kultur; Leiden; Mimesis; Adorno, Theodor W.
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  3. Metamorphosen der Metamorphose : Goethe, Cassirer, Blumenberg
    Autor*in: Geulen, Eva
    Erschienen: 05.10.2016

    Als der Positivismus auf allen Fronten, insbesondere derjenigen der 'harten' Wissenschaften wie Physik und Mathematik, in die berühmte Grundlagenkrise geraten war, richtete sich das Interesse der Kulturwissenschaften am Anfang des 20. Jahrhunderts... mehr

     

    Als der Positivismus auf allen Fronten, insbesondere derjenigen der 'harten' Wissenschaften wie Physik und Mathematik, in die berühmte Grundlagenkrise geraten war, richtete sich das Interesse der Kulturwissenschaften am Anfang des 20. Jahrhunderts auf eine Neubestimmung von Natur und Geist. Der geheime Fluchtpunkt, das flüssige Substrat dieser sehr heterogenen intellektuellen Anstrengungen hieß damals häufig: Leben. Im Sog solcher Strömungen gelangte auch Goethes Metamorphosen-Lehre zu neuer Geltung. Nach Jahrzehnten der Latenz und Ridikülisierung durch Haeckels 1866 erschienene 'Generelle Morphologie der Organismen' in Zusammenhang mit Darwin gebracht und deszendenztheoretisch aktualisiert, begann die Metamorphose nach der Jahrhundertwende in zahlreichen anderen und keineswegs nur monistischen Zusammenhängen nachgerade zu wuchern: bei Kulturwissenschaftlern wie Simmel und Cassirer, in der idealistischen Biologie, bei rationalitätskritischen Lebensphilosophen wie Spengler und Klages, unter Kunst- und später Literaturwissenschaftlern wie Worringer, Wölfflin, Walzel, Jolles, Günther Müller, bei Künstlern wie Rilke, Einstein und Kafka. In einem Kapitel mit der Überschrift "Zur ideologischen Morphologie der literarischen Bestiae" nahm Franz Bleis 1922 erschienenes 'Bestiarium der Modernen Literatur' die Morphologie-Mode bereits satirisch-kritisch in den Blick.

     

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    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); bookPart
    Format: Online
    ISBN: 978-3-03-401014-6
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800)
    Schlagworte: Blumenberg, Hans; Cassirer, Ernst; Goethe, Johann Wolfgang von; Zur Morphologie; Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären
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  4. Stifter-Gänge
    Autor*in: Geulen, Eva
    Erschienen: 11.11.2016

    Ist 'das Ding' Stifters liebstes Substantiv, so darf 'gehen' als sein bevorzugtes Verb gelten. In der Erzählung 'Der Waldgänger' sieht sich etwa der an einem lebensweltlichen und geographischen "Scheidepunkte" innehaltende Wanderer von einer... mehr

     

    Ist 'das Ding' Stifters liebstes Substantiv, so darf 'gehen' als sein bevorzugtes Verb gelten. In der Erzählung 'Der Waldgänger' sieht sich etwa der an einem lebensweltlichen und geographischen "Scheidepunkte" innehaltende Wanderer von einer Landschaft umgeben, in der die Dinge buchstäblich ihren Gang gehen:

    'Ganz oben, wo das Thal mit noch geringer Tiefe anfängt, begann auch ein winziges Wasserfädlein, neben dem Wanderer abwärts zu gehen. Es ging in dem Rinnsale neben dem Wege unhörbar und nur glizzernd vorwärts, bis es durch die Menge des durch die Höhen sickernden Wassers gestärkt vor ihm plaudernd und rauschend einher hüpfte, als wolle es ihm den Weg durch die Thalmündung hinaus zeigen [...]. Sie gingen an manchem Waldabhange, an mancher schattigen Stelle vorbei [...], sie gingen an manchen zerstreuten Häuschen, an mancher Mühle, an mancher auf einem tiefgelegenen Wiesenflecken weidenden Kuh vorüber, bis endlich nach einigen Stunden Wanderns [...] die hingebreitete große Ebene begann. Der Bach ging breit und wallend links gegen die Felder und Bäume [...]. (WG, 98f)'

    Dem Gang der Dinge untersteht der Lauf der Welt. Diese Identität von Naturvorgängen und Lebensläufen immer neu, allen Irrwegen und Katastrophen, allen Sprüngen und Brüchen zum Trotz, unter Beweis stellen zu wollen, tritt Stifters Autorschaft an. Trauma und Trost seines Universums liegen beschlossen in dem fast stereotyp wiederkehrenden Satz: "Und so ging es immer fort."

     

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    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); bookPart
    Format: Online
    ISBN: 978-3-412-20021-3
    DDC Klassifikation: Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur (830)
    Schlagworte: Stifter, Adalbert; Gehen <Motiv>
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  5. Stil und Rhetorik : ein prekäres Paar und seine Geschichte
    Erschienen: 10.05.2022

    Die Beiträge dieser Interjekte-Ausgabe zeichnet eine programmatische Dimension aus, die zur Revision einer Reihe von bisherigen Annahmen in der Forschung zu Stil und Rhetorik auch durch überraschende historische Schnitte anregt: von Luther und... mehr

     

    Die Beiträge dieser Interjekte-Ausgabe zeichnet eine programmatische Dimension aus, die zur Revision einer Reihe von bisherigen Annahmen in der Forschung zu Stil und Rhetorik auch durch überraschende historische Schnitte anregt: von Luther und Bernard Lamy über Baumgarten und Schleiermacher bis zu Musikvideos und Theatertexten der Gegenwart.

     

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    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Buch (Monographie)
    Format: Online
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800)
    Sammlung: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
    Schlagworte: Stil; Rhetorik
    Lizenz:

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