Suchen in GiNDok

Recherchieren Sie hier in allen Dokumenten, die auf GiNDok publiziert wurden.

Es wurden 6 Ergebnisse gefunden.

Zeige Ergebnisse 1 bis 5 von 6.

Sortieren

  1. Gesichtsauflösungen
    Erschienen: 06.09.2016

    Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wird aus einem wiedergeöffneten Stollen der Bergwerke von Falun in Schweden der nahezu unversehrte Leib eines verschütteten Mannes geborgen. Die verblüfften Bergleute blicken in ein frisches Gesicht, in "die noch... mehr

     

    Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wird aus einem wiedergeöffneten Stollen der Bergwerke von Falun in Schweden der nahezu unversehrte Leib eines verschütteten Mannes geborgen. Die verblüfften Bergleute blicken in ein frisches Gesicht, in "die noch unveränderten Gesichtszüge eines verunglückten Jünglings" – wie es in der Quelle, in Gotthilf Heinrich von Schuberts Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaften (1808) heißt. Gleichsam eingelegt in Kupfervitriolwasser hat das Gesicht in 300 Ellen Tiefe überdauert, doch kann dessen Konservierung der Berührung mit Luft und Licht und mithin dem Auge der Umstehenden nicht standhalten. Gesicht und Körper lösen sich auf, zerfallen zu Staub, doch erst, nachdem ein altes Mütterchen "an Krücken und mit grauem Haar" den Konservierten erkennt und an ihre Brust drücken kann: Nicht die Mutter, nein sie ist die Braut des Jünglings von vor fünfzig Jahren, und ihr eingefallenes, "verwelktes" Gesicht kontrastiert der Wirkung des seinen. Die Geschichte vom konservierten Bergmanngesicht ist eine der bekanntesten Kombinationen von Literatur und anorganischer Chemie. Johann Peter Hebel und E.T.A. Hoffmann haben diese Geschichte der Flüssigkeiten als eine Art Antidoton gegen die Auflösungserscheinungen des Gesichts erzählt, die zumindest bei Hebel von einer Verwirrung der Chemikalien und ihrer Wirkungen geprägt ist. Denn die schnelle Auflösung, freilich nach vollzogener Identifikation durch die alte Braut, widerspricht dem chemischen Prozess, durch die jedoch deutlich werden soll, dass der unversehrte Kopf in Vitriol, seine Erkennbarkeit und Präsenz nur um den Preis der Sichtbarkeit zu haben ist: Allein als ein den Blicken und Interaktionen mit den Menschen entzogener Kopf bleibt er sich gleich, ist er intakt, unvergänglich. Damit wird gleichsam auf dem Haupt des aus der Zeitlichkeit herausgefallenen Bergmanns ein Spiel um natürliche und erworbene Konservierungsmodalitäten durch das Vitriol des Berges einerseits und das Gedächtnis der ergrauten Braut andererseits ausgetragen. Als Garanten gegen die Auflösung buhlen sie um die Haltbarkeit und physische Integrität des Menschen, genauer um das Bild von ihm. Durch eine "Verwirrung der Chemikalien", die im Übertrag von der Quelle zur Prosaerzählung erfolgte, wird der Konservierungsstoff Kupfervitriol oft als Eisenvitriol oder folgenreicher und entgegen der Nomenklatur gar als Schwefelsäure überliefert. In dieser starken Säure allerdings hätten sich nicht nur Gesicht und Körper des Bergmanns in maximal zwei Stunden, sondern auch das ganze Bergwerk zersetzt. Im konservierten Bergmann als der Geschichte einer aufgeschobenen Auflösung konvergieren einige Themenfelder der folgenden Beiträge: Neben dem Entzug und der Bergung eines unversehrten Antlitzes, dem eine Art facelifting zuteil wurde, sind es die Umstände seiner Erinnerung und die Bedingungen zu seiner Wiedererkennung, seine Fragilität und sein Zerfall. Themen, in die an dieser Stelle ein wenig eingeführt werden soll.

     

    Export in Literaturverwaltung   RIS-Format
      BibTeX-Format
    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
  2. Das Suppenkleid
    Erschienen: 05.03.2018

    Zuerst sollte die Suppe gelöffelt werden, dann kam das Kleid. Für einen Dollar plus die Coupons zweier beliebiger Suppenkonserven von Campbell wurde es im braunen Umschlag nach Hause geschickt, das 'Souper Dress', dessen Vorteile man dem eingenähten... mehr

     

    Zuerst sollte die Suppe gelöffelt werden, dann kam das Kleid. Für einen Dollar plus die Coupons zweier beliebiger Suppenkonserven von Campbell wurde es im braunen Umschlag nach Hause geschickt, das 'Souper Dress', dessen Vorteile man dem eingenähten Label entnehmen konnte: "No Cleaning. No Washing. It’s carefree, fire resistant unless washed or cleaned. To refreshen, press lightly with a warm iron." Dieses pflegeleichte Kleid, in der von Yves Saint Laurent erfundenen elegant-praktischen Trapez-Form geschneidert und mit Campbells Suppendosen großzügig motivisch bestückt, taucht heute vereinzelt in Auktionen auf - in exorbitanter Wertsteigerung als dezidierte Antithese zum Konzept der Erschwinglichkeit. Als Andy Warhols 'Suppenkleid' hat es Eingang in nur wenige Sammlungen gefunden und kann hier in seiner musealen Transformation vom Gebrauchsgegenstand zum unantastbaren Kunstwerk bestaunt werden.

     

    Export in Literaturverwaltung
    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); bookPart
    Format: Online
    ISBN: 978-3-86599-289-5
    DDC Klassifikation: Zeichnung, angewandte Kunst (740)
    Sammlung: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
    Schlagworte: Warhol, Andy; Campbell Soup Company <Camden, NJ>; Mode
    Lizenz:

    publikationen.ub.uni-frankfurt.de/home/index/help

    ;

    info:eu-repo/semantics/openAccess

  3. Randgänge des Gesichts : Kritische Perspektiven auf Sichtbarkeit und Entzug

    Bilder von Gesichtern sind immer interpretiert und entworfen. Sie setzen weniger die konkrete Person in Szene als vielmehr das, was an ihr als bedeutsam erachtet wird. Seit Jahrhunderten konzentrieren sich auf dem Gesicht vielfältigste Deutungen,... mehr

     

    Bilder von Gesichtern sind immer interpretiert und entworfen. Sie setzen weniger die konkrete Person in Szene als vielmehr das, was an ihr als bedeutsam erachtet wird. Seit Jahrhunderten konzentrieren sich auf dem Gesicht vielfältigste Deutungen, Ansprüche, Wünsche und Zuschreibungen, die einer bündig entwickelten Geschichte des Gesichts im Wege stehen. Das Buch betrachtet religions-, wissens-, literatur- und kunsthistorische Zäsuren, in denen sich ein je neuartiger Bezug von Gesichtszeichen und Bildgebung formiert. Im Fokus stehen Positionen, die das Gesicht demonstrativ ausstellen, es verstellen oder vermeiden und aussparen. Gelöschte, geleerte, verschattete, fragmentierte, verdrehte, rückansichtige Gesichter rühren epistemologisch und ästhetisch an den Rand des Erkennbaren. Sie sind noch als Gesichter erfassbar, als lesbare Oberflächen werden sie jedoch prekär und gehen nicht länger in Gewissheit und Wiedererkennung auf.

     

    Export in Literaturverwaltung   RIS-Format
      BibTeX-Format
    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
    Quelle: GiNDok
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Buch (Monographie)
    Format: Online
    ISBN: 978-3-7705-6064-6
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800)
    Sammlung: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
    Schlagworte: Ästhetik; Gesicht <Motiv>; Künste; Literatur; Bildwissenschaft
    Lizenz:

    publikationen.ub.uni-frankfurt.de/home/index/help

    ;

    info:eu-repo/semantics/openAccess

  4. Formwanderungen : Bemerkungen zur Ausstellung "Form Follows Flower. Moritz Meurer, Karl Blossfeldt und Co."
    Erschienen: 15.12.2017

    "Form Follows Flower" bildet den Auftakt einer Reihe von Ausstellungen, mit denen das Kunstgewerbemuseum in Berlin aktuell sein 150-jähriges Jubiläum feiert und auf seine Anfänge zurückblickt. Im Zentrum der Schau steht das Reich der Flora, deren... mehr

     

    "Form Follows Flower" bildet den Auftakt einer Reihe von Ausstellungen, mit denen das Kunstgewerbemuseum in Berlin aktuell sein 150-jähriges Jubiläum feiert und auf seine Anfänge zurückblickt. Im Zentrum der Schau steht das Reich der Flora, deren Formenvielfalt das erschöpfte Kunstgewerbe um 1900 zum Blühen bringen sollte. Der Ausstellungstitel als Paraphrase des wegweisenden Gestaltungsleitsatzes "form follows function" verweist auf die Pflanzenform im Dienste der Kunstform. Die Aufrufung der Blume in diesem Zusammenhang mutet allerdings ein wenig windschief an, denn mit deren kultur- und geistesgeschichtlichen Implikationen - wie wir sie etwa aus der Frühen Neuzeit mit der ikonografisch gepflegten Rose, Lilie oder Nelke, der Romantik mit ihrer symbolischen Überhöhung der blauen Blume oder der heutigen Gartenkultur mit ihren gezüchteten Zierpflanzen kennen - hat die Ausstellung wenig zu tun. Die Exponate verdeutlichen vielmehr, wie das Register der Pflanze zum Zweck der Kunsterneuerung gezogen wurde. Gewächse, die sich hierzu eigneten waren Mutterkraut und Silberdistel, Stinkende Nieswurz und Feuersalbei, Frauenflachs und Glockenblume, glattrandige und gezackte Blätter, Hagebutten und Akanthus und viele mehr: eine Feier der einfachen Form.

     

    Export in Literaturverwaltung
    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei
  5. Über Kunst, Wissenschaft und das Ende der Natur : Judith Elisabeth Weiss im Gespräch mit Regine Rapp und Christian de Lutz von Art Laboratory Berlin

    Eine Natur jenseits normativer anthropozentrischer Konzepte machen die Mitbegründer und Leiter des Art Laboratory Berlin (ALB), die Kunsttheoretikerin und Kuratorin Regine Rapp und der Künstler und Kurator Christian de Lutz, im Gespräch mit... mehr

     

    Eine Natur jenseits normativer anthropozentrischer Konzepte machen die Mitbegründer und Leiter des Art Laboratory Berlin (ALB), die Kunsttheoretikerin und Kuratorin Regine Rapp und der Künstler und Kurator Christian de Lutz, im Gespräch mit Kunstforum International geltend. Die intensive Auseinandersetzung des ZfL-Forschungsschwerpunkts "Lebenswissen" mit kritischer Ökologie, mit Natur/Kultur-Konzepten und der Verbindung von Biologie und Kulturwissenschaften gab den Anlass, das Gespräch mit dem Art Laboratory Berlin fortzusetzen.

     

    Export in Literaturverwaltung
    Hinweise zum Inhalt: kostenfrei