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  1. "Hottentottisch schreiben" : Sprachwahl und Selbstübersetzung bei August Wilhelm Schlegel
    Erschienen: 07.06.2024

    Zwar verfasste und veröffentlichte Schlegel das Gros seiner Schriften auf Deutsch, mehrere wichtige Publikationen erschienen aber auf Französisch und Latein. Schlegels berühmte Übersetzungsleistungen und seine mehrsprachige Publikationspraxis legen... mehr

     

    Zwar verfasste und veröffentlichte Schlegel das Gros seiner Schriften auf Deutsch, mehrere wichtige Publikationen erschienen aber auf Französisch und Latein. Schlegels berühmte Übersetzungsleistungen und seine mehrsprachige Publikationspraxis legen die Vermutung nahe, er habe sich als Selbstübersetzer betätigt, um etwa seine deutschsprachigen Schriften für ein internationales Publikum zugänglich zu machen. Dies ist jedoch nicht der Fall: Entweder wurden seine Schriften von Dritten übersetzt, mit oder ohne Mitwirkung des Autors, oder er selbst hat die jeweilige Schrift direkt in der Fremdsprache verfasst. Diese Sprachwahl ist meines Erachtens ein wesentlicher Grundzug von Schlegels Publikationsstrategie. Schlegel übersetzte seine Schriften weder selbst noch gab er sie als Selbstübersetzungen an. Und trotzdem lässt sich bei Schlegel das Phänomen der Selbstübersetzung feststellen. Denn er übernahm frühere Gedanken, Ausdrücke und Botschaften in neue, in einer anderen Sprache verfasste Schriften und passte sie dem Zielpublikum an. So tauchen äquivalente Textpassagen, seien es einzelne Sätze, seien es ganze Absätze, in Texten auf, die in unterschiedlichen Sprachen verfasst wurden. Diese Selbstübersetzungen spiegeln auf einer interlingualen Ebene die enge intertextuelle Vernetzung seines scheinbar disparaten Werks wider und sind eng mit analogen intralingualen Verfahren wie Kommentieren, Paraphrasieren, Zusammenfassen oder Zitieren verbunden, die Schlegels Schreib- und Arbeitsweise prägen. Seine Texte zeichnen sich durch eine starke Selbstreferenz aus, die über die häufig vorkommenden und selten ausgewiesenen Selbstzitate sowie die Übernahme und Weiterentwicklung bereits an anderer Stelle ausformulierter Gedanken hinausgeht. Zunächst soll Schlegels selbstreferentielle Schreibweise anhand eines kurzen zweisprachigen Textvergleichs veranschaulicht werden (I.). Anschließend wird im Hauptteil dieses Beitrags (II.) Schlegels Selbstübersetzung anhand der "Comparaison entre la Phèdre de Racine et celle d'Euripide" und der Wiener Vorlesungen "Über dramatische Kunst und Literatur" beleuchtet. In einem abschließenden Abschnitt (III.) soll die mehrsprachige Publikationspraxis hinterfragt und die Bedeutung der Sprachwahl für Schlegels Denken erläutert werden.

     

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