dieser Roman von Genazino spielt in einer deutschen Großstadt und schildert das leben eines Architekten, dessen Doppelleben ihn überfordert.Ein Protagonist, den seine Geilheit am Leben hält.Das neue Buch heißt "Wenn wir Tiere wären". Der Icherzähler, ein freiberuflicher Frankfurter Architekt, der "Erweiterungsbauten von Supermärkten" entwirft, ist Anfang vierzig. Jedenfalls ist Maria, seine Freundin beziehungsweise die Frau, mit der er regelmäßig handwerklich guten Sex hat, aber um keinen Preis in den Urlaub fahren möchte, noch im gebärfähigen Alter.Ein gleichaltriger Freund und Kollege ist überraschend gestorben, worauf der Erzähler dessen Stellung im Büro einnimmt und eine Affäre mit der Witwe beginnt. Das entdeckt Maria und verlässt ihn. Er wiederholt eine kleine Betrügerei, die der tote Freund einst mit einem gefundenen Pass anstellte, und wird erwischt. Er verliert seinen neuen Posten wieder, bekommt aber Maria zurück.Noch kürzer zusammengefasst: Das Leben ist beschissen, und dann bist du tot. Das kann man Roman nennen, klar, warum nicht? Man könnte diese Nichtgeschichte aber auch auf 20 Seiten als nette Short Story erzählen. Denn eigentlich geht es nur um das Porträt eines depressiven, antriebslosen, in Selbsthass versinkenden Mannes, den allein seine robuste, eben "tierische" Geilheit ans Leben koppelt. Schon der Kauf eines "Fertigsalats" im Supermarkt macht ihn, tja, fertig: "Jetzt trug ich mein Fertigschicksal in meine Fertigwohnung, wo ich einen Fertigabend vor dem Fernsehapparat verbringen würde." Auf 150 überteuerten Seiten breitet Genazino aus, was man so denkt, wenn man sich wie eine verkalkte Kaffeemaschine fühlt.Der Autor will nur Weltekelpakete unterbringen. Ebenso egal wie dem Erzähler sein eigenes Leben ist dem Autor Genazino seine Romanhandlung. Hauptsache, er kann darin genug Weltekelpakete unterbringen und mit dem Finger drauf zeigen: "Ich hatte häufig die Idee, die Alarmanlage will nur auf den Niedergang der Gegend aufmerksam machen." Oder: "Allerdings fürchtete ich mich davor, dass das abgerissene Uhrarmband eine Ankündigung der zukünftigen Abgerissenheit meines ganzes Lebens bedeuten könnte." Das ist das Gegenteil von Literatur, nämlich Literaturinterpretation. Und als er sich an die Rummelplätze seiner Kindheit erinnert, denkt er an "kleine Holzgatter" mit Esel oder Ponys: "Mehr gab es damals nicht zu sehen. Jetzt ging ich an lärmenden Fahrgeschäften und halb verlassenen Losbuden vorbei". Tatsächlich schiebt der 68-jährige Genazino hier seinem 25 Jahre jüngeren Alter Ego die eigenen Kindheitserinnerungen unter. Der peinliche Konstruktionsfehler verrät das Grundproblem dieser Depressions-Prosa: Genazino hat keinen Stoff und keine Story, sondern nur den eigenen, stereotyp angeekelten Blick auf die Konsum- und Arbeitswelt, den er seinen Kopfgeburten von Figuren unterschiebt.
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