Wieviel Gelassenheit trauen wir uns zu? Darf es mehr sein als die kleine Zimmerecke, geschmückt mit einem Kruzifix oder je nach Weltanschauung auch anderen Andachtsgegenständen? Das Buch >herrgottswinkel< bietet vielfältig Gelegenheit, den eigenen Blick zu entwickeln, das Auge auf die konkrete Welt und nach innen zu richten. Das Erleben des Staunenswerten verbindet der 1978 früh verstorbene Südtiroler Lyriker norbert c. kaser mit suggestiver Kraft und lakonischem Klang. Aus seinen Gedichten sprechen Zorn, Verletzbarkeit, Hohn und trotzige Solidarität mit allen Geschundenen. Zu Lebzeiten war ihm kein eigenes Buch vergönnt, doch postum urteilte DIE ZEIT: >Heute gehören seine Gedichte zu den Kostbarkeiten der deutschsprachigen Literatur.< In einen spannungsgeladenen Dialog mit kaser tritt der Münchner Photograph Volker Derlath, der ruhelos und unerbittlich aufmerksam unterwegs ist. Auch sein Augenmerk gilt vor allem den Randfiguren des Alltags und allegorischen Widersprüchlichkeiten. Scheinbar zufällige Schnappschüsse lassen oft Komik und Tragik nahe aneinanderrücken und der Betrachter wird ins Geschehen hineingezogen. Gleichzeitig verstärkt das Schwarz-Weiß der Photographien den Nachhall der Bilder, die immer echt, manchmal anrührend oder humorvoll, aber niemals verletzend wirken. >herrgottswinkel< ist das Duett zweier Beobachtungskünstler und eine Erlebensreise: >Meine Augen sind ... so groß, dass ich sie gar nicht mehr aufzumachen brauche.< (norbert c. kaser)
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