Am Eingang dieses Buches begrüßt uns Diogenes von Sinope, der nichts haben will, nicht einmal von Alexander dem Großen. Er ist freilich die Ausnahme. Die meisten Menschen haben gern, und deshalb mangelt es auch nicht an Gründen und Anlässen, sich über das Haben zu äußern. In einer höchst unterhaltsamen Reise durch die Sinnwelten des Habens eröffnet Harald Weinrich, der Grandseigneur der europäischen Sprachwissenschaft, verblüffende Einsichten in unseren Gebrauch des Wörtchens Haben - und unser Haben-Denken, das sich darin offenbart. „Weinrichs Ansichten sind meist linguistischer, oft philosophischer, kunst- und literaturgeschichtlicher oder sprachgeschichtlicher Art. So lesen wir mit ihm Beispielsätze wie „Bis zur Grenze hatten sie noch drei Kilometer“, was in einem DDR-Wörterbuch zusammen mit „Haben Sie Apfelsinen?“ und „Früher hatten wir kein Russisch“ ebenso bemerkenswert ist wie die ausschließliche Exemplifikation des „Habens“ im Duden durch Sachen. Nur Autos, Eigentum, Häuser werden da gehabt, nicht Kopfschmerzen, Angst oder Glück... Harald Weinrich knüpft mit seinen Kommentaren zu intellektuellen und sprachlichen Habunseligkeiten an Bücher über die Lüge, das Vergessen, die Heiterkeit sowie die Knappheit der Zeit und die Moral an, die er neben seinen großen linguistischen Werken zur Erzähltheorie sowie zur Textgrammatik des Französischen und Deutschen vorgelegt hat. Im Stil wie in der Motivwahl gibt sich das Vorbild der französischen Moralistik für den zu erkennen, der durch die Wissenschaft hindurch auf anthropologische Einsichten zielt. Forschung, die Lehre sein möchte und darum lieber bruchstück- als zwanghaft ist: gut, dass wir Harald Weinrich haben“ (FAZ)
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