Ein Text-und-Bildbuch haben der Dichter Hans Magnus Enzensberger, der Bildkünstler Jan Peter Tripp und die Gestalterin Justine Landat "aus einer anderen Gegend" mitgebracht: Von Augenglas, Medusa, Laubfröschen und Sporen ist in Enzensbergers Versen die Rede, aber auch vom schrägen Blick auf Nachbarn, Villenbewohner und Gäste. Wer mag, erfährt aus dem Blauen eine "Erleuchtung in der Besenkammer" oder vertieft sich in ein "Dämonisches Enzephalogramm". Abstraktes kommt nicht zu kurz: Ob philosophisches Rätsel, Lehrsatz oder Sentenz - Vertrautes wird rhetorisch unterminiert, und so manche Kaverne eines hohlen Gedankens findet sich nachher von innen beleuchtet. Jan Peter Tripps Bilder dazu, welche die Gedichte umspielen, überfliegen oder durchdringen, sind keineswegs Illustrationen zu poetischen Texten. Unabhängig von diesen sind sie entstanden, eigenwillig verhält sich ihr figurativ-magischer Realismus zu den sprachlich-vieldeutigen Versen. Und doch erscheinen sie hier wie füreinander geschaffen. Dass dies so ist, verdankt sich dem kombinatorischen Sinn der Gestalterin Justine Landat: Sie hat gelesen, angeschaut, gegenübergestellt und erwogen - und zu guter Letzt die Teile in ein schönes Ganzes verzaubert. „Mit Hans Magnus Enzensberger ist es ein bisschen wie mit Leonard Cohen: Die späten Konzerte sind die schönsten, weil die Variationen der alten Songs mit den Jahren so durchsichtig und zart geworden sind wie die Erscheinung des Sängers selbst, weil sich mit der Zeit aus der alten Lässigkeit eine neue Gelassenheit ergeben hat... Einundfünfzig Gedichte umfasst sein neuer Band, und sie führen mit kalkuliertem Understatement die alten Tricks noch einmal vor: die ausgefuchste Einfachheit der Sujets und der Soundeffekte („in Aalen, Adelaide oder Aschgabad“), den raschen Wechsel der Register von der Parlando-Frage zum philosophischen Satz, von der Sinnlichkeit zur Algebra, von den „Drachen und Schwalben“ zu den Mandelbrot-Mengen... Wer geargwöhnt haben sollte, Enzensberger verliere sich mit den Jahren in der Wiederholung seiner erprobten Muster: Spätestens in solchen Versen wird er eines anderen belehrt. Auf dem Klavier der alten Weisheiten spielt Cohen halblauten Ragtime. Und eigentlich war er nie besser als in solchen Augenblicken“ (FAZ)
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