Eigentlich wollte ich nur ein Stück schreiben, um mich im Schauspiel mehr zu fordern. So entschied ich mich für das arme Theater nach Grotowski und schliff mich durch meine eigenen Ängste, um mich endlich auf der Bühne offenbaren zu können. Ich ahnte ja nicht, was ich dabei alles entdecken könnte. Ich nannte es "Warten auf Gottot" und entwickelte den Herrn Schröter, der nun Schulze heisst. Ein Psychotiker aus dem schizophrenen Formenkreis. Ich war angestachelt von den Gedanken der Antipsychatriebewegung, dem Sozialistischem Patientenkollektiv und hatte schon genügend Bekannte im Sumpf der Kliniken untergehen sehen. Ich war damals 28 Jahre und fühlte mich, von Haut- und Magenschwierigkeiten einmal abgesehen, ziemlich gesund. Schröter spielte mit dem Publikum und den Grenzen eines Zerrissenen. Dann zeichnete er auf der Bühne mit Mehl sein Gehirn samt eines Hirntumors. Sein verinnerlichter Arzt sagte ihm bereits, dass der Tumor nicht recht zu entfernen sei, dass aber mittels Medikamenten, zumindest die epileptischen Anfälle begrenzt werden könnten, die ich damals noch spielte. Fünf Jahre später bekam ich meine ersten Anfälle und ein nun wirklicher Arzt bestätigte mir einen Tumor an genau eben dieser Stellen, wo ihn Herr Schröter damals eingezeichnet hatte. Nun lebe ich seit über vier Jahren mit diesem offiziell bestätigtem Wissen. Es gib Tage, an denen ich es wenig spüre und dann wieder Zeiten, in denen ich 10 bis 30 epileptische Anfälle täglich habe. Da der Tumor unter anderem auch im motorischen Zentrum liegt, ist an eine vollständige Operation nicht zu denken. Doch selbst dann liegt die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Tumors bei über 90%. Ich habe einiges an Therapien und alternativen Heilungsmethoden versucht, heute glaub ich, das wichtigste ist der eigene Lebenswille und damit aufzuhören, mich selber kaputt zu machen. Der Zusammenhang zwischen dem Theaterstück und meiner Krankheit hat mich so oft fasziniert wie auch beängstigt. Ich wusste, wenn es für mich eine Basis gibt, auf der ich mich nun mit meiner Krankheit auseinandersetzen kann, dann ist es dieses Stück. Denn Schröter ist nicht tot, auch wenn ich selber nicht mehr Theater spielen kann. Er wird als Herrn Schulze noch viele Abenteuer erlebe. Vielleicht wird er nicht mehr ganz gesund, aber er will leben. Am Ende der ersten CD ist er immerhin schon draussen, da macht die weitere Arbeit doch gleich viel mehr Spaß. Aber mal ganz ehrlich: Ich mache es nicht nur zum Spaß. Es sind nicht nur die Krankheiten unter denen wir Kranken oft zu leiden haben. Es sind ebenso die Stigmatisierungen. Die Schablonen und Vorurteile in der Gesellschaft, bei den Ämtern und Ärzten, Bekannten und einem selbst. Am schlimmsten davon betroffen sind wohl die psychisch Gestörten. Dabei geben ihre Wahnvorstellungen oftmals nur den täglichen Wahnsinn zum Vorschein, den wir so gerne ausblenden. Ich möchte ihn wieder aufdecken. Das Krankmachsystem von heute. Die Pharmaindustrie, forscht nach den größtmöglichen Gewinnen, wie jedes Unternehmen das tut. Medikamente sind soviel Wert, wie sie sich verkaufen lassen, wie das für alle Produkten zutrifft. Die Ärzte haben das Interesse, ihre Patienten zu behalten, wie alle Selbstständige das selbstverständlich wollen. Die Politiker verschweigen die Ursachen und bekämpfen die Folgen, wie sich das bei grossen Problemen gehört. Menschen und Umwelt zu vergiften kosten allenfalls ein paar Sondersteuern, wie man sich auch alles andere leisten kann. Der Mensch ist soviel wert, wie er sich noch verwerten lässt, wie das bei jeder Ware so ist. Wahrlich wir leben in einer humanen Gesellschaft. Bislang inszenierte Dramen von Harry Heine: Die auszogen das Fürchten zu lernen ( Rocktheater - TrotzdemTheater aus Harsewinkel ) Deine letzte Zigarre ( Ein-Mann-Theater - Harry Heine ) Die sieben Tage bis zur Unkendlichkeit ( abstraktes Theater - freie Künstlerassoziation aus D und NL ) Faustschlag ( Volks
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