Main description: Zur Edition: Die Edition erscheint jährlich in zwei bis drei Bänden (Jahrgang 1 = 1993) Veröffentlicht wird bisher unzugängliches Material nach Ablauf der Sperrfrist von 30 Jahren, darunter auch Bestände, die als "geheim" oder "streng geheim" klassifiziert waren. Das Herausgebergremium trägt in wissenschaftlicher Unabhängigkeit die Verantwortung für Auswahl und Kommentierung der Akten. Die Edition unterscheidet sich dadurch maßgeblich von vergleichbaren Projekten in anderen Ländern. Die Dokumente sind in chronologischer Reihenfolge abgedruckt. Die Regesten des Dokumentenverzeichnisses, eine Zeittafel, die Personen- und Sachregister vereinfachen die Benutzung des Werkes. Aus der Kommentierung geht u.a. hervor, welche Beachtung das jeweils edierte Dokument auf den verschiedenen Entscheidungsebenen des Auswärtigen Amts bzw. außerhalb dieser Behörde gefunden hat. Mit Spannung erwartete die Öffentlichkeit in der Bundesrepublik, wie sich die Außenpolitik der am 1. Dezember 1966 neu gebildeten Regierung darstellen würde. Denn zum ersten und bisher einzigen Mal in der Geschichte der Bundesrepublik fand sich mit dem Zusammengehen von CDU/CSU uns SPD eine "Große Koalition" zusammen, die ihre Fähigkeit zur politischen Zusammenarbeit gerade vor dem Hintergrund der zurückliegenden Auseinandersetzungen in Fragen der Westbindung und der Deutschlandpolitik erst noch beweisen mußte. Zudem stellten die Sozialdemokraten mit Willy Brandt einen Außenminister, der als ehemaliger Regierender Bürgermeister von Berlin ein großes Maß an außenpolitischem Gestaltungswillen einbrachte. Aufschluß über die Bilanz dieses ersten Jahres der "Großen Koalition" gibt nun der Jahresband 1967 der "Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland", der mit Ablauf der dreißigjährigen Sperrfrist eine Auswahl vom 449 Dokumenten zur Außenpolitik der Regierung Kiesinger/Brandt präsentiert. Das Jahr begann viel versprechend. Bei den turnusmäßigen Gesprächen mit Staatspräsident de Gaulle gelang es im Januar, die festgefahrenen deutsch-französischen Beziehungen wiederzubeleben. Und auch die Verhandlungen mit den USA und Großbritannien über den Ausgleich der Devisenkosten für die in der Bundesrepublik stationierten Streitkräfte, die nicht zuletzt zum Sturz des Bundeskanzlers Erhard beigetragen hatten, konnten bald darauf zu einem für die Bundesregierung unerwartet positiven Abschluß gebracht werden. Vor allem aber brachte die sich bereits im Vorjahr anbahnende "Neue Ostpolitik" der Bundesregierung erstaunlich schnell erste Erfolge. Nach Verhandlungen in Bukarest vereinbarten Brandt und sein rumänischer Kollege Manescu in Bonn am 31. Januar 1967 die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Entsprechende Gespräche wurden auch mit der Tschechoslowakei, Ungarn und Bulgarien über die Möglichkeit einer Normalisierung der Beziehungen geführt. Wie die abgedruckten Dokumente zeigen, sahen sich nicht nur die UdSSR, sondern insbesondere auch Polen und die DDR angesichts einer flexiblen, die Starrheiten der "Hallstein-Doktrin" überwindenden Deutschlandpolitik Bonns herausgefordert und zu hektischer diplomatischer Betriebsamkeit innerhalb des Warschauer Paktes veranlaßt. Dessen ungeachtet zeigte sich in der Ostpolitik eine Bruchstelle der Koalition. Denn das Bundeskanzleramt war nicht bereit, so wie das Auswärtige Amt zu gehen: Kiesinger sah sich gezwungen, Brandt auf die Notwendigkeit hinzuweisen, der Öffentlichkeit mitzuteilen, daß sich die Ostpolitik "nach wie vor" in Übereinstimmung mit der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 befinde. Auch in anderen Bereichen gestaltete sich die Außenpolitik des Jahres 1967 als schwierig. So rang die Bundesregierung insbesondere mit der Frage eines Abkommens über die Nichtverbreitung von Atomwaffen um die Wahrung ihrer Interessen. Die Bemühungen des Auswärtigen Amtes waren im zweiten Halbjahr ganz konzentriert auf die Durchsetzung von Verhandlungen über den im Mai 1967 erneut gestellten Beitrittsantrag Großbritanniens zu den Europäischen Gemeinschaften sowie auf die Verabschiedung des "Harmel-Berichtes" über die künftigen Aufgaben der Allianz. Zwar gelang es noch, auf der NATO-Ministerratstagung am 13./14. Dezember Frankreich zur Annahme des Berichts zu bewegen. Wie anfällig die zu Beginn des Jahres wiedergewonnene Basis der deutsch-französischen Zusammenarbeit aber nach wie vor war, zeigte sich eine Woche später, als Frankreich auf der EG-Ministerratstagung den britischen Beitritt - wie bereits im Januar 1963 - blockierte und damit die außenpolitischen Differenzen zwischen Bonn und Paris offenbarte. Nichtverbreitungsabkommen, britischer EG-Beitritt und das Verhältnis zu Frankreich sollten daher auch für das Jahr 1968 als außenpolitische Herausforderung bestehen bleiben.
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