Die Lyrikerin (Jahrgang 1935) erzählt von Kindheit und Jugend, damit über Familiäres, Kriegserlebnisse und die Schulzeit insbesondere in der frühen DDR der 50er-Jahre, zwischen "Stinkbürgerlichem" und Ideologieprämissen, über Unterrichtsmethodiken, Lehrpläne, FDJ-Aktivitäten. Auch über erste Kontakte zur Literatur schreibt sie ("Die Stadtbücherei kannte ich fast auswendig."), mehr vor allem aber über das Wegducken vor Belastendem, Verordnetem in 2 Diktaturen, den alltäglichen, auch opportunistischen Umgang mit ihnen - empfunden als auch "heilsam für unsere Seelen". Ingrid Bernstein - so ihr Geburtsname - klagt nicht, im Gegenteil: "Wir freuten uns sehr am Leben ... Ach, ging's uns gut." Die Notizen - ganz unprätentiös, sprunghaft, sinnlich, sprachlich aber nicht eben funkelnd - enden mit dem Volksaufstand von 1953 (über spätere Zeiten S. Kirsch, BA 7/03). Das bibliophile Bändchen, einem Minibuch sich annähernd, in nelkenfarbigem Leinen und mit überdeutlich symbolkräftigen Farbgrafiken halbierter Äpfel ist eine liebe, kleine Nebensächlichkeit, vergnüglich wohl vor allem für Kirsch-Lyrik-Verehrer. (2)
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