»Nicht gleich übertreiben, hätte Thilo gesagt, wenn er sich so liegen gesehen hätte, dort, unter seiner Skulptur in einer eher unnatürlichen Haltung. Er hätte, wenn er sich so liegen gesehen hätte, selbst nicht gewusst, ob er noch lebte oder nur eine Haltung angenommen hatte, die an Leben erinnert, wenn auch vergehendes, die Leben letztlich nur imitierte.« Jahrelang hat Schroth auf Thilo gewartet. Aus der untergegangenen DDR kommend, wollten beide nach Amerika, doch nur Thilo hat es geschafft, als Künstler dort Fuß zu fassen. Schroth ist in Frankfurt hängengeblieben, hat eine Promotion geschmissen und arbeitet als Fensterputzer – und wartet. Und wartet. Und wartet. Schroth sind seine Bojen abhanden gekommen, die auf dem Fluss des Lebens Orientierung geboten hätten. Nun fließt alles, Erinnerungen, Lebensmodelle, defekte Muster. Als Schroth rein zufällig von Thilos Rückkehr nach Europa erfährt, schlägt alles über ihm zusammen. Er manipuliert eine von Thilos Installationen, eine große Stahlskulptur. Thilo wird wahrscheinlich tödlich verletzt, und Schroth kehrt zu seiner Mutter nach Chemnitz zurück, von wo er seine Geschichte erzählt. „Das Tempo des kurzen Romans ist langsam und gemessen, und bisweilen droht der Strom der Worte fleischlos und abstrakt zu werden, aber Kuhlbrodt schafft es immer wieder, überraschend frische Szenen- und Ortswechsel einzubauen... Eine der vielen starken visuell-philosophischen Stellen dieses melancholischen, lesenswerten Nicht-Künstler- und Entwicklungsromans beschreibt das Wirken von Farbe, das wie eben bei Antonioni und anderen bildhaft arbeitenden Erzählern den sinnlichen Kern des Settings und der Verortung von Erinnerungsarbeit ausmacht“ (fixpoetry.com)
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