Preliminary Material /Arne De Winde and Anke Gilleir -- Kurzbiographien /Arne De Winde and Anke Gilleir -- Literatur und Spektralität: zur Einführung /Bart Philipsen -- Erinnern – ein Meer und seine Form /Reinhard Jirgl -- Diese “Geschichte voll der Ungereimtheit and Wiederholung”: Krieg, Gewalt und Erinnerung in Reinhard Jirgls MutterVaterRoman /Arne De Winde -- Die Politik des Erinnerns. Aktuelle Anmerkungen zur autobiografischen Zeitzeugenschaft in den Tagebüchern Victor Klemperers /Arvi Sepp -- Sprachtheater. Zu Senecas Tod von Heiner Müller /Hans-Thies Lehmann -- “Ophelia, die der Fluss nicht behalten hat”: Inge Müller im Gedächtnis /Anke Gilleir -- “Zwiesprache mit Geistern”: Die Entschränkung der Rhetorik im Werk von Monika Maron nach 1989 /Elke Gilson -- Leibhaftig: Christa Wolfs Gang ins Totenreich /Elke Brüns -- Requiem für Michael Kohlhaas: Der Dialog mit den Toten in Christoph Heins Horns Ende und In seiner frühen Kindheit ein Garten /David Clarke -- Verw/Irrungen-Verwandlungen: Ingo Schulzes Erinnerungsarbeit in Simple Storys und Neue Leben /Christine Cosentino -- Das Unerhörte der Erinnerung des Unerhörten. Zur ästhetischen Produktivität der memoria in der Nach-Wende-Novellistik /Dieter Heimböckel -- Nach dem Schweigen. Memoria in der österreichisch-jüdischen Gegenwartsliteratur /Vivian Liska -- Erblasten und Totengespräche. Zum Nachleben der Toten in Texten von Marlene Streeruwitz, Arno Geiger und Sibylle Lewitscharoff /Ulrike Vedder -- Die Figürlichkeit inszenierter Vergessens- und Erinnerungsdiskurse bei Grass und Jelinek /Benjamin Biebuyck and Gunther Martens -- Die Geister von Auschwitz: Fotografie und spektrale Erinnerung in Stephan Wackwitz’ Ein unsichtbares Land und Neue Menschen /Silke Horstkotte -- Falsche Geschichten: Recherchen bei Sebald und Gstrein /Jan Ceuppens -- Negative Hände: Die Darstellung der Negativität in Bretons Nadja und Sebalds Austerlitz /Anneleen Masschelein -- “So wie ein Hund, der den Löffel vergisst”: Ein Gespräch mit W.G. Sebald über Austerlitz /Jean-Pierre Rondas. Wie keine andere wimmelt die deutschsprachige Gegenwartsliteratur von Gespenstern, die unverarbeitete, verdrängte und unsichtbare Aspekte der Vergangenheit enthüllen. Während der Fall der Mauer 1989 als jüngstes Emblem historischer Dynamik und als ‘Schritt vorwärts’ im Heilungsprozess der Kriegsnarben betrachtet wurde, verhält die Literatur sich seit Anfang der neunziger Jahre widerspenstig, indem sie sich immer wieder der Geschichte zuwendet und deren Toten heraufbeschwört. Mit diesem Hang zur Nekrophilie stellt die Literatur sich gegen den oft von Aktualitätszwang und selektiver Amnäsie geprägten Diskurs des politischen Alltags, der allenfalls auf ein vereinheitlichendes, kollektives Gedächtnis zurückgreift. Literatur stellt sich somit als ein Medium heraus, das – so Günter Grass in seiner Krebsgang -Novelle – der Zeit “schrägläufig in die Quere” kommt, “etwa nach der Art der Krebse, die den Rückwärtsgang seitlich ausscherend vortäuschen, doch ziemlich schnell vorankommen”. Der Band Literatur im Krebsgang versammelt Studien zu einer Topik, die in der deutschsprachigen Literatur seit dem Mauerfall Hochkonjunktur feiert: memoria und Spektralität . Das gängige literarische Thema der ‘deutschen Vergangenheit’ wird vertieft, indem der Fokus auf die Wirkung literarischer Totenbeschwörungen als Metapher einer subversiven politischen Archäologie gelegt wird. Mittels mikrologischer und theoretisch reflektierter Textlektüren werden die hybriden und komplexen Formen des Rückblicks und der Durcharbeitung kollektiver, singulärer, traumatischer oder unheimlich konformer Geschichten untersucht. Die Beiträge zeigen dabei nicht nur den Unterschied zu den älteren Diskursen der Vergangenheitsbewältigung auf, sondern tragen auch wesentlich zur komplexen theoretischen Reflexion über die Beziehung zwischen Literatur und Geschichte(n), Text und Tatsache, Schrift und Trauma bei. Dieses Nachdenken über den Modus des Nach- und Fortlebens der Toten wird nicht zuletzt in einem Originalbeitrag von Reinhard Jirgl und einem Gespräch mit W.G. Sebald kurz vor seinem Tod weiter vertieft
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