Die Literatur hat, wenn sie sich der Beschreibung von Hölle, Vorhölle und Fegefeuer begibt (.) eine Darstellungstradition aufgegeben, die über das Mittelalter bis in die Zeit der Alten Kirchen zurückreicht. (.) Da es (.) [Jens Haustein] im folgenden um das Fortleben des Evangelium Nicodemi’ im Mittelalter gehen wird, (.) [gibt er] zunächst einen kurzen Überblick über Entstehung und Inhalt dieses spätantiken Textes (.). Im Rahmen eines (.) von typologischem Denken bestimmten Erzählzusammenhangs kommt (.) dem Bericht von der Höllenfahrt Christi aus dem ‚Evangelium Nicodemi’ eine zentrale Position zu, da in ihm ja das typologische Konzept in der Begegnung von Patriarchen und Propheten mit dem von ihnen gesehen oder vorausgesagten und nun auferstandenen Gott gewissermaßen Gestalt gewonnen hat. (.) Kaum ein Autor, der vergleichbar ausführlich die Höllenfahrt schildert, hat sich die Dramatik und das Pathos der Szene entgehen lassen: die Vorahnung des Teufels, seine Verzweiflung, das machtvoll-laute Zerstören der Höllentore, die endgültige Gefangennahme des Teufels, den freudigen Jubel der Erlösten. Der Autor der ‚Erlösung’ hat von all dem fast nichts aufgenommen.
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