Aus »Spree- Athen« wurde um 1900 »Babylon Berlin« ? die Begeisterung für das alte Mesopotamien hinterließ in der neuen deutschen Hauptstadt tiefe Spuren. Literarische, politische und wissenschaftliche Texte sowie zahlreiche Bilder dieser Zeit spiegeln die enorme Verführungskraft des Mythos Metropole. »Berlin ? Babylon« ist in den Jahrzehnten nach 1900 ein gebräuchliches Begriffspaar, der Vergleich der modernen Großstadt Berlin mit der antiken Metropole Babylon war allgegenwärtig. Bis heute, bis zur demnächst erscheinenden Verfilmung der Romane von Volker Kutscher durch den Regisseur Tom Tykwer ? Titel: »Babylon Berlin« ? hat diese Verbindung ihre Faszination behalten. An ihrem Anfang stand ein regelrechter Babylon-Boom in den Künsten und Wissenschaften: Der babylonische Turm wurde zum Vorbild der Hochhausarchitektur, babylonische Keilschriften und Reliefs prägten die Ornamentik des späten Jugendstils, in Berlin wurden das Kino Babylon eröffnet und das Ischtartor samt Prozessionsstraße wieder aufgebaut, mit passendem Museum gleich dazu. Andrea Polaschegg und Michael Weichenhan haben die wichtigsten und erstaunlichsten Textzeugnisse sowie zeitgenössische Illustrationen, Architekturentwürfe und Karikaturen ausgewählt, die die babylonische Verwirrung und Verknüpfung zwischen Literatur, Architektur, Wissenschaft, Film, Politik und Gesellschaft sichtbar werden lassen. Autoren sind unter anderem Alfred Döblin, Karl May, Kaiser Wilhelm II., Georg Heym und Paul Scheerbart. „Die Textsammlung, die Andrea Polaschegg und Michael Weichenhan kundig und hilfreich kommentieren, hilft auch dabei, sich von der wohlfeilen Assoziation zu lösen, mit der sich die moderne Metropole Berlin und ihre antike Vorgängerin Babylon untrennbar verbinden lassen, und sich weiteren Motivationen zuzuwenden, sich etwa mit der untergangenen Stadt, ihrem mythischen Bild und seinen Aktualisierungen zu beschäftigen. Und das fördert Erstaunliches zutage. Jenseits von Hadschi Halef Omar und Kara ben Nemsi. So grandios die beiden auch sein mögen“ (literaturkritik.de)
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