Deklinationsklassen bilden einen Grundpfeiler des traditionellen Paradigmenmodells, das nach dem Vorbild der Grammatiken der klassischen Sprachen auch für die Beschreibung der deutschen Substantivflexion Verwendung gefunden hat. Im vorliegenden Beitrag soll die Rolle, die Deklinationsklassen in der deutschen Substantivdeklination spielen, überprüft werden. Beobachtungen zur Substantivflexion in verschiedenen europäischen Sprachen, darunter das Ungarische, das Polnische und das Italienische, die unterschiedliche Positionen innerhalb eines Spektrums besetzen, das vom hochflexivischen Lateinischen bis zu Sprachen ohne Deklinationsklassen (wie dem Englischen oder dem Türkischen) reicht, liefern Bausteine für eine Neuanalyse der deutschen Substantivflexion. Sichtbar wird, dass die deutsche Substantivflexion, bildlich gesprochen, auf dem Weg vom „Typus Latein“ zum „Typus Englisch“ schon sehr viel weiter fortgeschritten ist, als dies traditionelle Darstellungen nahe legen. An die Stelle der für kanonische Deklinationsklassen charakteristischen Sätze von klassentypischen Flexiven ist eine kleine Menge von Mustern der Stammformenbildung getreten.
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