Dieses Lesebuch soll Aspekte des literarischen Lebens zwischen ’Nullpunkt’ und ’Wende’ (1945-1990) anschaulich machen. Es enthält Texte, die zeitgeschichtlichen Informationen und Fragestellungen nachgehen. „Aufbauend auf das 1994 erschienene Standardwerk zum Unterricht in der Sekundarstufe II und an Hochschulen, Vom Nullpunkt zur Wende, legen die Herausgeber, beide Literaturwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen, ein Kompendium deutschsprachiger Primärtexte vor. Sie haben dabei einerseits den Umfang um seitdem Erschienenes erweitert und andererseits Texte, die mittlerweile an Relevanz verloren haben, herausgekürzt. Die in dieser Hinsicht durchaus bedeutsame Frage nach dem Kanon tippen sie in ihrer Einleitung leider nur kurz an... Strukturiert ist das Kompendium in die folgenden elf Abschnitte und geht insofern thematisch, sondern chronologisch vor: Trümmerjahre, Erinnern, Wirtschaftswunder, Von der Teilung zur Wiedervereinigung, Macht und Widerstand, Arbeit und Freizeit, Familienbande, Beziehungsweise(n), In Berlin und anderswo, Heimatkunde, Schreiben. Dies gewährleistet eine gewisse Bandbreite. Wie immer bei derartigen Überbegriffen lässt sich allerdings auch hier über die Einordnung streiten... Im Ganzen allerdings ergibt die Auswahl durchaus Sinn. Die Reflexionen über den Schreibprozess beinhalten ein gewohnt (selbst-)ironisches Gedicht Robert Gernhardts wie auch ein kulturpessimistisches von Christoph Meckel. Gerade aber, wenn weniger bekannte Perlen wie Helmut Heißenbüttels „Kalkulation über was alle gewusst haben“, Norbert Hummelts „feldpostkarte“, Klaus Schlesingers „Der Tod meiner Tante“, Alexander Kluges „Pförtls Reise“ oder Julia Francks „Streuselschnecke“ aus dem Kanon gefischt werden, wird deutlich, inwiefern Literatur vermittels fiktionaler Brechung und sprachlicher Ausgestaltung Aspekte wie den blinden Führerglauben, den Alltag des Frontsoldaten, die Schikane durch die Grenzkontrolleure der DDR, die Selbstentfremdung des Arbeiters oder zerrüttete Eltern-Kinder-Beziehungen derart darzustellen vermag, dass den Rezipienten eine differente Sicht auf (mehr oder weniger) bekannte Sachverhalte eröffnet wird“ (literaturkritik.de)
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